Kunst der 80er Jahre
Es wird behauptet, die Künstler der 80er Jahre hätten die Malerei so gut wie
neu erfunden. Wenn man darunter versteht, dass die damaligen Künstler versucht
haben, dem bislang Konventionellen zu entgehen und vielfältig, expressiv
abstrakt und neon-grell sowie mit mit Graffiti durchzogenen Elementen zu malen,
dann ist dem wohl auch so. Eines der wichtigsten Merkmale der Kunst der 80er
Jahre dürfte dabei die großformatige Arbeit sein. Ferner wurde gezielt auf
Formlosigkeit, schwungvolle, heftige Pinselstriche sowie kräftige Farbgebung
geachtet. Hauptziel war, sich, seine Gefühle und seinen Widerstand zum Ausdruck
zu bringen.
Die bedeutendste Stilrichtung der 80er Jahre war der Neoexpressionismus, besser
bekannt als „Neue Wilde“. Ihren Ursprung hat diese Bewegung zu Beginn der 80er
Jahre des vergangenen Jahrhunderts in der aus Italien stammenden „Transavantgarde“.
Ziemlich zeitgleich konnte sich diese Stilrichtung in den USA sowie in Europa
etablieren. In Frankreich bezeichnete man diese Richtung als „Figuration libre“,
im englischsprachigen Raum als „New Image Painting“ oder „Wild Style“.
Hierzulande entstand zunächst der Begriff Neoexpressionismus, welcher schnell
zur „Heftigen“ oder „Wilden Malerei“ mutierte. Der Kunsthistoriker und
Museumsdirektor Wolfgang Becker schließlich verwandte erstmalig die Bezeichnung
„Neue Wilde“.
Die Bilder der „Neuen Wilden“ weisen eine Vielfalt an künstlerischen Ansätzen
auf. Häufig lässt sich der deutsche Expressionismus als Vorbild erkennen. Die
Künstler legen Wert auf Selbstdarstellung und Leidenschaftlichkeit. Sie greifen
elementare Themen wie Sexualität, Krieg und Angst auf und scheinen stilistisch
spontan zu agieren. Neben der Gegenständlichkeit tauchen immer wieder
Provokationen auf.
Die Kunstrichtung „Neue Wilde“ umfasst drei Künstlergruppen aus verschiedenen
Regionen, die in den frühen 80er Jahren in Hamburg, Köln und Berlin arbeiteten.
In wilden, kräftigen bis hin zu grellen Farben entstanden um die Künstler R.
Fetting, Salomé, H. Middendorf und B. Zimmer herum in der Berliner Gruppe
Bilder, die deren individuelle Erfahrungen wiedergeben wollten. So spiegelt sich
beispielsweise in Middendorfs „Darstellungen Tanzender im Stroboskoplicht“ die
Tatsache wider, dass er Gitarrist und Fetting Drummer waren, die sich regelmäßig
in einem Kreuzberger Club trafen. Ein anderes Beispiel ist Salomé – mit
bürgerlichem Namen Wolfgang Ludwig Cihlarz -, welcher in seinen Werken u. a. das
wachsende Selbstbewusstsein der schwulen Subkultur in Szene setzte. Auch die
Kölner Gruppe mit Künstlern wie P. Bömmels, G. Naschberger, H. P. Adamski und
anderen lassen individuelle Erfahrungen und subjektive Perspektiven in ihren
Werken zu, allerdings unterscheiden sie sich thematisch wie auch stilistisch von
den anderen. Hier erscheinen surrealistische sowie cartoonartige Stilelemente
oder gar Zitate und Parolen auf den Bildern. Mit der Berliner Gruppe gemein
jedoch haben auch sie den Protest gegen die bislang etablierte Kunst. Beinahe
noch einen Tick stärker zeigt sich die Protesthaltung in den Bildern der
Hamburger Gruppe, zu denen Künstler wie A. Oehlen, M. Kippenberger und W.
Büttner gehörten. Ihre Bilder waren zumeist dunkel gefärbt.
Die wohl bekanntesten Ausstellungen der 80er Jahre dürften 1982 die Documenta 7,
1984 „Von hier aus – Zwei Monate neue deutsche Kunst in Düsseldorf“, 1987 die
Documenta 8 und 1988 Freeze -eine von den Young British Artists organisierte
Kunstausstellung in den Londoner Docklands - gewesen sein.
Die Documenta 7 legte das Hauptaugenmerkmal auf die Malerei und die „Neuen
Wilden“ bekamen viel Raum, um ihre Werke zu zeigen. Das spektakulärste dürfte
die Aktion „Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung“ von Joseph Beuys gewesen
sein. Auf der Documenta 8 stand die Videokunst oben an. Es wurde auf
gesellschaftliche Missstände aufmerksam gemacht und politische Themen kamen zum
Tragen. Mit der Einschmelzung eines Repliks einer Zarenkrone zu einem goldenen
Hasen machte Beuys abermals von sich reden. In der „Von hier aus – Zwei Monate
neue deutsche Kunst in Düsseldorf“ wurden auf der Messe Werke von 64 Künstlern
präsentiert. Der von Joseph Beuys als Schriftzug entworfene Titelteil „von hier
aus“ war auch als Leuchtstoffröhre zu bestaunen. Gezeigt wurden neben Gemälden
auch Objektkunst, Plastiken und Grafiken. Freeze wurde von Studenten des
Goldsmiths Colleges organisiert und führte zum Durchbruch der Young British
Artists.